Currents | WALDMEISTER – Schätze im Verborgenen – Chemnitz im Kreislauf der Zeit
Das FUNKEN Kolleg widmete sich der Frage wie textiles Arbeiten mit neuen Ideen, nachhaltigem Handeln und kreativer Zusammenarbeit verbunden werden kann. Eine Kollaboration von Akteur:Innen aus Kunst und Wissenschaft, die sich mit dem Sichtbaren beschäftigt – mit Stoff, Textur und textilem Ausdruck. Gemeinsam richten sie den Blick auf die Sichtbarkeit ihrer eigenen Organisationen. Im Kontext der reichen Textiltradition von Chemnitz stellen sie die Frage: Wie können individuelle Spezialisierungen gebündelt werden, um gemeinsam größere Aufmerksamkeit zu erzeugen? Welche Spuren hinterlassen kollektive Handgriffe, geteilte Techniken und Entscheidungen?

WALDMEISTER 

Schätze im Verborgenen – Chemnitz im Kreislauf der Zeit


Beteiligte

(c) Wenke Sommer

Wiete Sommer

Wiete Sommer ist Designerin und Kuratorin. Sie verbindet Design, Kunst, Wissenschaft und Wirtschaft mit einer anthropologischen Perspektive. In großen Gemeinschaftsprojekten – oft mit performativen, modischen oder filmischen Elementen – entwickelt sie Themen wie New Work, Gender sowie soziale und ökologische Nachhaltigkeit weiter.
Unterstützt wurde sie in dieser Arbeit von Anita Richter, Ines und Wenke Sommer.

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Sächsisches Textilforschungs Institut e.V.

Das STFI ist seit 1992 ein gemeinnütziges Forschungsinstitut in Chemnitz. Es beschäftigt sich mit technischen Textilien, textilem Leichtbau, Funktionalisierung, Digitalisierung und Recycling. Als starke Einrichtung der angewandten Forschung arbeitet das Institut an textiler Nachhaltigkeit sowie an ressourceneffizienten und energieoptimierten Prozessen.

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(c) Ina Goetz

Undoyarn

Ina Goetz

Ina Goetz ist Gründerin von UNDOYARN, einem nachhaltigen Projekt aus Chemnitz, das Garne aus gebrauchten Strickwaren wiederverwendet – mit dem Ziel, Ressourcen bewusst zu nutzen und Räume für gemeinsames Lernen und kreatives Experimentieren zu schaffen.

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Das EscheLab

Das EscheLab ist eine Werkstatt für kreatives textiles Arbeiten – mit einem Schwerpunkt auf Stricken, Sticken und Bekleidung. Darüber hinaus bietet es Raum für Begegnung und Austausch.


Das Ergebnis künstlerisch technologischer Kollaboration – WALDMEISTER – Schätze im Verborgenen – Chemnitz im Kreislauf der Zeit

„Ich möchte ein Chemnitz sichtbar machen, das oft übersehen wird – ein Chemnitz, das sich neu erfindet: aus dem, was war, mit dem, was ist. Ich höre das Rattern der Textilmaschinen, sehe Spuren der Autoindustrie, die einst das Stadtbild prägte. Was ist geblieben? Was entsteht daraus?

Ich begebe mich auf Spurensuche: zum STFI, wo an Materialien der Zukunft geforscht wird, ins Esche-Lab, das Geschichte lebendig hält. Ich treffe Ina Götz von UNDOYARN, die alte Wollpullover auftrennt und das Garn in einen neuen Kreislauf führt. Diese Orte, Menschen und Ideen sind für mich neue Kapitel – Nachfahren der einstigen Industrie, der stille Puls der Stadt.

Auch Mythen finden hier Raum: etwa die Sage vom schwarzen Pudel mit den roten Augen, der tief unter der Stadt Erze bewachte – eine Inspiration für Goethes Mephistopheles. In meiner Arbeit leben solche Geschichten weiter: als Teil einer Vorstellung von Chemnitz als Stadt voller Tiefe, Magie und verborgener Schätze.

Im Zentrum meiner Arbeit steht zudem der Waldmeister – eine zarte, heimische Pflanze, die für mich Gemeinschaft, Geselligkeit und Kreislauf symbolisiert. Ich denke an Spätsommerabende am Feuer, an verbindende Gespräche. Waldmeister wurde für mich zum Sinnbild dessen, was entsteht, wenn Wissenschaft, Wirtschaft, Kunst und Design zusammenfinden.“ 

– Wiete Sommer

Material

Teppich/ gerettete Wolle, Schurwolle, Acryl Wolle/getuftet , Lichtobjekt/ Textil, Lichtwellenleiter, Messing/gestickt, genäht/gehäkelt, Sitzobjekt/ Textil Abschnitt-Reste/ kemafiliert


Fotografien: (c) Michele Scognamillo


Hintergründe

Ausgangspunkt dieser Ausstellung ist eine feine Ironie: Eine Kollaboration von Akteurinnen, die sich mit dem Sichtbaren beschäftigt – mit Stoff, Textur und textilem Ausdruck – richtet den Blick auf die Sichtbarkeit ihrer eigenen Organisationen. Im Kontext der reichen Textiltradition von Chemnitz stellen sie die Frage: Wie können individuelle Spezialisierungen gebündelt werden, um gemeinsam größere Aufmerksamkeit zu erzeugen? Welche Spuren hinterlassen kollektive Handgriffe, geteilte Techniken und Entscheidungen?

Sichtbarkeit wird hier nicht nur als Frage der Oberfläche verhandelt, sondern als Ausdruck einer gemeinsamen Haltung – als Suche nach Form, öffentlicher Präsenz und historischer Verortung. Die Arbeit greift das Bedürfnis der Betrachtenden nach Erkennbarkeit auf, indem sie sich zugleich als Hintergrund für digitale Selbstinszenierung anbietet. So werden die Besucher*innen selbst Teil eines kollektiven Prozesses, der mit einem ersten Kennenlernen im EscheLab begann, auf der feinsäuberlich getrennten – und damit geretteten – Wolle von Undoyarn aufbaut, vom Wissen von Elke Thiele und dem STFI getragen wird und durch die Hände von Wiete Sommer Form findet. Schließlich wird so eine alte Geschichte von Chemnitz neu erzählt.