Cottonid Studien
Die Idee, der Arbeitsprozess und das FUNKEN Kolleg „Fraunhofer IWU X Kollektiv Plus X“.
(c) Videographie und Schnitt von Marcel Seerig. Bachmann, Schmidt & Seerig GbR | TD Media
Beteiligte
Kollektiv Plus X
Sascha Henken
Sascha Henken ist Co-Founder des 2027 gegründeten Kollektiv Plus X. Sie arbeitet an der Schnittstelle von Design, Kunst und Urbanismus. Ziel des Kollektivs ist es, demokratische Strukturen zu fördern und gesellschaftliche Teilhabe durch gestalterische Ansätze zu stärken.
X
Fraunhofer IWU
Dr.-Ing. Julia Schönherr
Dr.-Ing. Julia Schönherr ist wissenschaftliche Referentin der Institutsleitung am Fraunhofer-Institut für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik IWU in Chemnitz. Sie verantwortet die strategische Verzahnung zwischen Forschung und Institutsleitung mit einem Fokus auf Prozesstechnologien.
Das Ergebnis künstlerisch technologischer Kollaboration – Cottonid Studien
Wie können wir ein altes Material in eine neue Form bringen?
Cottonid, auch Vulkanfiber genannt, ist ein Werkstoff auf der Basis von Zellstoff. Es ist eines der ältesten Kunststoffe und wird seit 1859 industriell hergestellt. Cottonid basiert im Gegensatz zu den heute geläufigen Kunststoffen aber nicht auf Mineralöl, sondern wird aus Baumwollfasern hergestellt, die als Nebenprodukte bzw. Abfall oder Ausschuss bei der Kleidungsproduktion anfallen. Früher wurden beispielsweise Koffer aus Vulkanfiber hergestellt. Heute wird Cottonid nur noch in wenigen Anwendungsbereichen genutzt – zum Beispiel für Dichtungen oder als Dekorelement in Messergriffen.
Wir versuchen eine neue Form für dieses alte Material zu finden, denn Cottonid besitzt viele positive Eigenschaften. Es ist kompostierbar und für die Herstellung werden keine Klebstoffe, Harze und kein Mineralöl verwendet. Zudem wird das Grundmaterial aus Abfallprodukten der Baumwollproduktion gewonnen, basiert auf einem nachwachsenden Rohstoff und ist somit sehr umweltfreundlich. Gegenüber konventionellen Kunststoffen ist Cottonid zudem feuchtigkeitsregulierend und schwer entflammbar.
Das Objekt, an dem wir unsere Materialstudien betreiben, ist ein archetypisches Möbelstück: der Hocker. Sitzmöbel gehören zu den ersten menschengemachten Möbelstücken. Sie dienen nicht nur der Bequemlichkeit, sondern markieren auch Orte der Zusammenkunft. Der Hocker zeigt vor allem aber die Stärken des Cottonids: Es ist leicht und stabil – so lässt sich mit relativ wenig Material ein stabiles und leichtes Sitzmöbel herstellen.
Fotografien: (c) Michele Scognamillo





Hintergründe:
Die Zusammenarbeit zwischen dem Kollektiv +X und dem Fraunhofer IWU ist von einem gemeinsamen Interesse an Materialforschung geprägt. Das IWU zählt zu den führenden Instituten für ressourceneffiziente Fertigung und verfolgt das Ziel, nachhaltige Produktionsprozesse zu entwickeln. Aus diesem Kontext heraus entstand das Interesse an Vulkanfiber, auch bekannt als Cottonid – ein traditionsreicher Werkstoff, der heute im Leichtbau neue Relevanz gewinnt.
Die Ingenieurin Dr.-Ing. Julia Schönherr engagiert sich für die Sichtbarkeit technischer Fragestellungen. Mit dem Kollektiv +X – vertreten durch Co-Founder Sascha Henken – trifft sie auf einen Partner, der gesellschaftliche Fragen über Gestaltung und großformatige Installationen im Stadtraum verhandelt. Gemeinsam fragen sie: Welche Materialien eignen sich für eine verantwortungsvolle Gestaltung, und wie lassen sich technische und soziale Aspekte verbinden?
Die Kooperation zeigt, wie Kunst und Wissenschaft trotz unterschiedlicher Ansätze gemeinsame Ziele verfolgen: Wissen sichtbar machen, gesellschaftliche Prozesse mitgestalten und neue Räume der Auseinandersetzung eröffnen.